Insider Madrid: Angel Borrego Cubero

Angel Borrego Cubero ist Gründer von Oss, einer Agentur für Kunst und Architektur, mit Sitz in Madrid. 2013 hat er eine Dokumentation über den Prozess von Architekturausschreibungen gedreht.

Maria Schoiswohl
15. Mai, 2016

Angel Borrego Cubero ist Gründer von Oss, einer Agentur für Kunst und Architektur, mit Sitz in Madrid. 2013 hat er eine Dokumentation über den Prozess von Architekturausschreibungen gedreht.

Mit Oss bewegen Sie sich zwischen Architektur und Kunst. Wo in Madrid treffen die beiden Richtungen besonders eindrücklich aufeinander?

Vielleicht ist Matadero Madrid ein angemessenes Beispiel für Kunst, Produktion und Kulturzentrum, das auch eine Ansammlung an alten, restaurierten und wiederverwendeten Industriehallen ist. Es war das alte Schlachthaus von Madrid. Wir haben vor einiger Zeit mitgemacht mit einem Design für ein Gründungszentrum für kulturelle Industrien - Factoría Cultural (Paseo Chupera 14). Es beherbergt aber auch viele andere Institutionen und ist auf jeden Fall einen Besuch wert, gleich neben dem neuen Park Madrid Río.

Matadero Madrid
Plaza de Legazpi 8

Was bewerten Sie als äußerst interessantes Architekturprojekt der Stadt?

Da gibt es eigentlich nicht viele. Öffentliches und privates Geld ist seit über fünf Jahren versiegt und die Architektur war, vielleicht mit Recht, das erste Opfer. Tatsächlich sind wohl die interessantesten Architekturprojekte in Madrid und in ganz Spanien (www.casastristes.org) jene, die unvollendet blieben. Nicht aufgrund ihrer intrinsischen Qualitäten, sondern: Sie repräsentieren einen "interessanten" Moment in der spanischen und europäischen Geschichte.

Bleiben wir bei Madrid - welche Gegend hat dringend ein Make-over nötig?

Die Wohnbauentwicklung braucht ein dringendes Umdenken, aber viele Projekte sind viel zu verlassen, um wirkliche Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Auch die Nachkriegswohnbauten in Spanien und in ganz Europa benötigen dringend Aufmerksamkeit, und die sind alle zur Gänze belegt. Wir haben eine Software entwickelt (Anm. Pump up housing), die es Nachbarn erlaubt, Informationen und ganz einfache Designideen und Daten zu sammeln, um Energieeffizienz und finanziell nachhaltige Sanierungsmöglichkeiten zu diskutieren.

Wo sehen Sie die aufstrebenden Gegenden der Stadt?

Eine etabliertere ist Malasaña mit den vielen Design- und Conceptstores. Kann man praktisch nicht verpassen, so viele gibt es davon. Es ist nahe bei Chueca, der berühmten schwulen Nachbarschaft. Lavapiés und Tetuán mit seinen vielen Immigranten ist eine neuere Nachbarschaft, die eine kreative Gemeinschaft etabliert. Carabanchel gehört eventuell zu den neuesten Gegenden, die gerade interessant werden, dank Matadero (Plaza de Legazpi 8) und Madrid Río.

Malasaña

Gentrifizierung zieht sich heute international durch urbane Entwicklung wie ein roter Faden. Sehen Sie diesen Trend in Madrid?

Natürlich. Aber Spanien ist auch hier anders. Malasaña und Chueca sind voll mit Modeläden und Cafés. Aber sie koexistieren mit den ursprünglichen Einheimischen, mit weniger modischen Läden und Märkten, Lebensmittelläden und Schulen. Und Lavapiés und Tetuán, die eine große Künstler- und Kulturunternehmer-Population beherbergen, sind ebenfalls voll mit Zuwanderern unterschiedlichsten Ursprungs, die sich fast ohne Probleme einen ziemlich reduzierten Platz teilen.

Lavapiés

Wenn Sie durch die Straßen Ihrer Stadt bummeln - welche Trends beobachten Sie?

Abgespeckten, aber nicht weniger, Tourismus. Spezialisierung von Gegenden. Einen gewissen Geldmangel. Die Internationalisierung von Geschmäckern. Die Originalität von kleinen Unternehmen.

Was macht Madrid zu einer lebenswerten Stadt?

Madrid ist ein sehr intensives Beispiel der besten spanischen Qualitäten: eine sehr offene Gesellschaft, sehr tolerant, sehr einladend und sozial progressiv.

Werfen wir einen Blick auf die Kunst- und Designszene - welche aufstrebenden Talente sollte man kennen?

Das weiß ich gar nicht so genau. Ich mag auf jeden Fall Simona Rota, das Duo Cabello/Carceller, Jena Leo, Lara Almárcegui, Democracia, Alexander Apóstol, Manuel Ocaña und Andrés Jaque. Aber mir fehlen da sicher noch einige!

Simona Rota

Welche Galerien und Museen schätzen Sie in Madrid?

Das Prado darf man nicht verpassen (Calle Ruiz de Alarcón 23)! La Casa Encendida hat ein sehr gutes Programm (Paseo República de Cuba 2). Reina Sofia natürlich (Santa Isabel 52). Im Retiro-Park hat Palacio de Cristal gute Ausstellungsprogramme (Paseo República de Cuba 4). García Galería ist ein kleines Projekt mit Schwerpunkt auf jungen Künstlern (Calle del Doctor Fourquet 8). Ivorypress, Helga de Alvear (Doctor Fourquet 12) und Heinrich Ehrhardt (San Lorenzo 11) sind ein paar der etablierten und besten Galerien der Stadt.

Ivorypress
Comandante Zorita 46-48

International entwickelt sich eine Tendenz zu kleinen, neuen, schnell wechselnden Restaurants und Läden. Welches Lokal oder welchen Laden haben Sie entdeckt?

Diverxo ist ein Michelin-Stern-Restaurant eines sehr jungen Kochs in El Corte Inglés Callo, wo man, wenn man auf die Terrasse geht, einen wunderbaren Blick über die Dächer Madrids hat. Enfant Terrible ist ein Conceptstore, der auch als Arbeitsplatz fungiert (Calle Nuñez de Balboa 30). Beide zeigen eine etwas einfallsreichere Seite von Madrid.

Diverxo
Calle Padre Damián 23

Wo in Madrid treffen höchste Architektur- und Designstandards aufeinander?

Ha - da kann ich einen ganzen Bericht schreiben, über Länder und deren Hotels, in denen ich im vergangenen Jahr übernachtet habe, während wir für meine Dokumentation "The Competition" gereist sind, und ich kann sagen, das durchschnittliche Level von Hotels in Madrid ist sehr gut für den Preis im Vergleich zu anderen Orten. In Madrid empfehle ich das Hotel de las Letras, das eine großartige Balance offeriert und gut auf der Gran Via liegt. Das Hotel Orfila hat, obwohl es einen eher konservativen aber gemütlichen Luxus bietet, einen netten Garten und eine Terrasse (Orfila 6). Auch das Hotel Only You (Calle Barquillo 21) oder 60 Balconies sehen nett aus, soweit ich das sehen kann (Plaza del Emperador Carlos V 11).

Hotel de las Letras
Gran Via 11

Ihr Studio ist ja auch ganz in der Nähe der Gran Via - geben Sie uns doch ein paar Shoppingtipps für Madrid!

Ich empfehle rund um den Plaza Chueca zu spazieren und bei L'Habilleur vorbeizuschauen, einem modischen Outlet für Kleidung (Plaza de Chueca 8). Dann die Mejía Lequerica entlanggehen mit der Fundacion Patrimonio Comunal Olivarero, wo sie Olivenöle aus ganz Spanien haben (Calle Prim 12). Weiter geht es in die Calle Fernando VI zum Conceptstore Do Design, nach Barquillo, das voll ist mit Restaurants und Cafés sowie Modeläden, darunter ein paar einmalige Geschäfte wie Gion mit japanischen Labels (Calle Barquillo 18) oder Macchinine, die Spielzeugautos verkaufen (Barquillo 7).

Do Design
Calle Fernando VI 13

Was muss ein Madrid-Erstbesucher gesehen haben?

Neben den offensichtlichen Sachen, empfehle ich einen zweiten Blick auf die Reiterstatue von Philip IV zwischen dem Königlichen Palast und der Oper oder dem Teatro Real. Wenn meine Information stimmt, dann wurde sie von Velázquez designt, berechnet von Galileo Galilei und gegossen von Tacca, dem vielleicht besten Bronzekünstler der Geschichte. Nicht viele Menschen wissen etwas darüber, aber die Kombination von Talent zeigt sich in dieser Arbeit.

Statue Philip IV
Plaza de Oriente

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