Insider Ulm: Marco Kerler

Nicht in Ulm, sondern direkt auf der anderen Seite der Donau hat die Tête-à-Tête-Galerie ihre Pforten eröffnet. Bei der Auftakt-Ausstellung gab es Illustrationen aus den Büchern des Berliner JaJa Verlags zu sehen. Ich bin sehr gespannt, was man dort noch alles zu sehen bekommen wird. Und das Tollste daran ist, dass sie 24 Stunden geöffnet hat. Die Galerie selbst wird nämlich nicht betreten, man schaut von außen ins Innere.

Meine Lieblingsbuchhandlung ist die Kulturbuchhandlung Jastram. Samy Wiltscheck und seine Kolleginnen und Kollegen betreiben diesen Laden mit sehr viel Liebe und Enthusiasmus für das gebundene Buch. Man könnte sicher auch behaupten, dass sie Bücher leben, ohne groß zu übertreiben. Ich stoße dort oft auf Kleinode, die ich so nie wahrgenommen hätte und allein schon der Versuch, am Laden vorbeizugehen, funktioniert für mich schon lange nicht mehr. Es macht einfach Spaß, dort den privaten Geschichten aus der Buchwelt zu lauschen und nicht nur eines, sondern auch ein zweites Buch mitzunehmen.

Die Literaturwoche Ulm ist eine ganz besondere Veranstaltungsreihe, die ich so nicht mehr missen möchte. In den unterschiedlichsten Locations Ulms werden die Gallier des Literaturbetriebs vorgestellt, die Kleinverlage Deutschlands. Zu solchen Veranstaltungen kann ich einfach nicht "nein" sagen, vor allem, weil einem nicht nur Bücher ans Herz gelegt werden, die in den großen Medien so nicht existieren, sondern eben die Verleger zu Wort kommen. Warum jemand ein Buch, das nicht ins Raster passt, genau deswegen verlegt, ist eine extrem spannende Geschichte, die selbst wieder zum Buch werden könnte.

Der Sommer ist für mich schon Event genug. Das Gelände des Ulmer Zeltes rund um die Konzerte, die dort stattfinden, bietet sich super zum Verweilen an (Volksfestplatz an der Friedrichsau). Der Ulmer Feiertag „Schwörmontag“, mit Nabada (Anm. eine Art karnevalistischer Wasserumzug) und Fischerstechen (Anm. historisches Bootswettrennen) ist auch etwas Besonderes. Ich habe mich nur leider schon dran satt gesehen. Wow, fast hätte ich die Kulturnacht vergessen, aber die ist auch erst im September (2015: 19.9.). Hier stellt sich die Ulmer Szene vor.

Auf Wohnzimmerkonzerten. Die finden leider nur sporadisch statt. Wenn man Glück hat, bekommt man etwas davon mit. Wenn nicht, dann nicht. Ansonsten veranstalte ich ehrenamtlich Konzerte für den Verein Kunstwerk e.V. Ulm. Die finden hauptsächlich in der Volkshochschule Ulm (Kornhausplatz 5) statt, aber auch an anderen Orten, wie zum Beispiel der alten Hochschule für Gestaltung (Am Hochsträß 8). Neben Jazz und Artverwandtem haben wir viel Freude an Tanz und Performance oder an Soundexperimenten und allem, was dem Standard-Radio gegen den Strich geht. Da ist es für mich natürlich schwer, auch mal an andere Orte zu kommen. Naja, doch: zum mittlerweile völlig unterschätzten Jazzkeller Sauschdall (Prittwitzstraße 36), zum Hemperium (Zinglerstraße 1), zur Kradhalle … Ich könnte noch einiges aufzählen, aber in Ulm muss man Rosinen picken können.

In der Galerie Tobias Schrade und in der Griesbadgalerie (Seelengraben 30) lasse ich mich gerne von Neuem verzaubern. An beiden Orten fühle ich mich wohl. Dort hat man es mit Menschen zu tun und das spürt man an der Auswahl der Ausstellungen. Ansonsten genieße ich gerne die Ausstellungen im Stadthaus (Münsterplatz 50), im Ulmer Museum (Marktplatz 9) und im Weishaupt (Hans-und-Sophie-Scholl-Platz 1). Die Graffiti am Roxy (Schillerstraße 1/12), am Sophie Scholl-Gymnasium (Wagnerstraße 1) und an der Friedrich List-Schule (Kornhausplatz 7) dürfen hier auch nicht fehlen.

Eigentlich nein. Die Oststadt, der Ort, an dem ich wohne, wird hier und da mal so bezeichnet. Ich bekomme da aber nicht viel mit. Das historische Ulmer Quartier „Auf dem Kreuz“ ist allerdings ein sehr spannendes, vergessenes Viertel. Dort gibt es viel zu entdecken. Nicht umsonst stellt sich das Viertel bei den beliebten „Kreuzgängen“ selbst vor.

Der alte Friedhof in Ulm ist für mich so ein Ort. Der wurde zum Park umfunktioniert. Die alten Gräber erzählen ihre Geschichten. Nachts ist es etwas gruselig.

Der Stadt fehlt ein Haus für die freie Kulturszene und eine positivere Einstellung zu Neu-Ulm.

Wir treffen uns in unterschiedlichen Locations. Mal im Cafe D'Art in Neu-Ulm (Augsburgerstraße 35) oder wieder Ulm, im Kornhauskeller (Hafengasse 19) oder im Roxy. Gerne auch in Ateliers oder Arbeitsstätten der Kreativen. Am liebsten natürlich im noch fehlenden Haus für die freie Kulturszene.

Frühmorgens Frühstück im Gepäck, an der Donau entlang laufen, soweit, bis es einem gefällt und man verweilen möchte. Am Wasser sitzen und dösen. Dann in der Friedrichsau ein wenig schlendern, in der Hundskomödie Pizza essen. Für Ulmer Verhältnisse eine kleine Weltreise antreten, nach Wiblingen zum Klosterhof (Schloßstraße 38, Ulm-Wiblingen). Hier unbedingt die alte Klosterbücherei besichtigen! Dann in einem der Restaurants im Fischerviertel speisen. Suchen Sie sich eines aus. Am Abend, am besten die Olga Bar (Karlstraße 110) oder die Rosie (Frauenstraße 50) aufsuchen. Zur späten Stunde, ab in die Buddah Lounge (Zinglerstraße 61).

Tatsächlich staune ich manchmal noch über das Münster und dann wieder nicht. Vom Tag abhängig.

Ich weiß gar nicht, ob mein Lieblingsort an der Donau einen Namen trägt. Wenn man an der Donauwiese vorbei, flussaufwärts läuft, wird man irgendwann an einen Uferteil kommen, den man vom Weg her nicht einsehen kann, weil Gräser dies einem versagen. Dahinter befindet sich ein Kiesstrand, an dem sich Urlaub sehr einfach simulieren lässt.

In der Casa de España. Das Vereinsheim bietet an Wochenenden und Feiertagen klassische spanische Kost in schlichtem Ambiente ohne Glitzer, aber mit Seele.

„Hey cool, hier gibt es keine In- und Szenemenschen“, sagte ein Freund von mir, als ich mit ihm ins Café Jedermann ging. Das stimmt! Hier gibt es Ruhe, Jazz und Funk. Das reicht einfach für einen tollen Abend.

Den Hofladen Buck in Söflingen habe ich gerade neu für mich entdeckt (Schlossergasse 2). Dort gibt es Frisches aus der Region. Wahrscheinlich wird man mich dort hin und wieder antreffen können. Einmal jährlich, weil ich sonst zu viel Geld ausgeben würde, trifft man mich auch im Soundcircus beim Plattenkaufen und direkt daneben für Comics bei Comic Splash (Frauenstraße 38).

Ich wollte schon immer mal im „Schiefen Haus“ übernachten. Das würde ich empfehlen, dann hätte ich einen Grund, da mal hineinzuschauen.

Ulm ist kleiner, als wir Ulmer denken. Es könnte größer sein, wenn wir es zuließen.