Insider Südtirol: Manfred A. Mayr

In den 1990er Jahren stieg der Vinschger Maler von der Leinwandmalerei zu raum- und ortsbezogenem Malen um. Manfred A. Mayr spürt Geschichten von Südtiroler Orten auf und erarbeitet daraus Farbkonzepte für öffentliche Gebäude und Privathäuser.

Werner Ringhofer
21. April, 2015

In den 1990er Jahren stieg der Vinschger Maler von der Leinwandmalerei zu raum- und ortsbezogenem Malen um. Manfred A. Mayr spürt Geschichten von Südtiroler Orten auf und erarbeitet daraus Farbkonzepte für öffentliche Gebäude und Privathäuser.

Erkennen Sie in der Künstler-Szene Südtirols neue Trends oder einen aufstrebenden Maler?

Sie möchten etwas über „Trendsetter“ erfahren? Wegweisende Positionen in der Kunst erweisen sich als solche meistens erst im Nachhinein. Unabhängig davon hat Südtirol mehrere interessante junge Künstlerinnen und Künstler aufzuweisen, meistens mit einem Standbein in Südtirol und dem anderen irgendwo sonst in der Welt. Im Projektraum des Museion Bozen waren letzthin Ausstellungen und Performances von Sven Sachsalber, der zwischen New York und Vinschgau lebt, Gabriela Oberkofler, die aus Jenesien stammt und in Stuttgart arbeitet oder auch Leander Schwazer zu sehen, der seine am CalArts in Los Angeles entstandenen Recherchen mitgebracht hat. Und die aus Meran stammende und in London lebende Barbara Gamper schaffte in der ES Gallery einen Raum, in dem sie die Zuschauer einlud, ihre Werke zu berühren sowie mit ihnen zu interagieren. Der in Wien lebende Meraner Leander Schönweger, wurde mit seiner Diplomarbeit mit dem Preis der Kunsthalle Wien 2014 ausgezeichnet. Daraufhin folgte im Ausstellungsraum der Kunsthalle Wien Karlsplatz eine Installation.

Museion
Pizza Piero Siena 1, 39100 Bozen

Wo ist Südtirol am malerischsten und mystischsten zugleich?

Stimmungen hängen immer von der inneren Geschichte ab, die man in sich trägt. In Südtirol finde ich unterschiedlichste Landschaften und Charaktere, die wiederum ein Tal prägen und es ist faszinierend, wie sich hier auf engstem Raum eine doch heterogene Welt versammelt. Die Landschaft des Vinschgau ist rau und archaisch – das Überetsch wiederum weich und südländisch. Und dazu kommen auch noch die verschiedenen Gerüche. Orte sind für mich Kraftfelder von Beziehungen, die sich durch Vergleiche und Maßstäbe herauskristallisieren. Der Ort, den ich immer wieder aufsuche, ist das Kloster Marienberg im oberen Vinschgau. Neben einem kleinen Museum und der kunsthistorisch bedeutenden romanischen Krypta mit den einmaligen Fresken kann man auch die Mystik und das vom Alltagsstress befreite Klosterleben der Benediktinerabtei Marienberg erleben.

Kloster Marienberg
Schlinig 1, 39024 Mals

Welche Galerie sollte man in Ihrer Nähe besuchen?

Die ES Galerie in Meran – eine kleine, jedoch persönliche und kreative private Galerie, die vom passionierten Galeristen Erwin Seppi geführt wird. Ein Treffpunkt und Reibungsfeld, das er mit eigenem und langem Atem am Leben hält. Neben Ausstellungen in den kleinen Präsentationsräumen überrascht der Galerist (Hauptberuf Bankangestellter) mit seinen Veranstaltungsprojekten immer wieder auch außerhalb seiner vier Galeriewände. Unabhängig von „Trends“ und mit einem sehr persönlichen und abwechslungsreichen Programm gilt er für mich als unverzichtbarer „Sender“ im öffentlichen Raum von Meran.

Galerie ES
Laubengasse 75, 39012 Meran

Welches künstlerisch ansprechend gestaltete Bauwerk lohnt einen Besuch?

Ein Besuch der Franzensfeste, die durch subtile punktuelle architektonische Maßnahmen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Die Festung stammt aus der Zeit von Kaiser Franz Josef und wurde in den Jahren 1833 bis 1838 erbaut. „Aus Angst vor einem zweiten Napoleon“ und „für einen Feind, der nie kam“ wie von Josef Rohrer beschrieben. 1943 diente die Festung als Versteck für die Goldreserven der Banca d’Italia. Für die Landesaustellung 2009 > Labyrinth::Freiheit < konzipierte ich für die von Architekt Markus Scherer und Walter Dietl sanierte und ausgebaute Festung einen 120 Meter langen Handlauf aus 24 Karat vergoldetem Baustahl, der von der unteren Festung zur mittleren Festung führt. Er ist nun fixer Bestandteil der Festung und geht somit von einem konkreten Ortsbezug aus – den Geschichten rund um die in der Festung gelagerten Goldreserven und die mit Gold und Reichtum verbundenen Glücksphantasien. Der Handlauf ist zugleich skulpturaler Gebrauchsgegenstand und eine symbolische Anspielung auf das Vorübergehende im Fluss der Zeit und im Wechsel der Aggregatzustände. Bezeichnender Weise befindet sich in der Festung heute ja auch die Informationsstelle über den Brenner-Basis-Tunnel.

Franzensfeste
Brennerstraße, 39045 Franzensfeste

In welches Lokal in Ihrer Umgebung gehen Sie gerne?

Da muss ich je nach Situation und temporärer Arbeitszone mehrere meiner Lieblingslokale nennen: im Vinschgau ist es das Gourmetrestaurant Kuppelrain in Kastelbell (Bahnhofstraße 16) oder auch der Buschenschank Falkensteiner in Naturns (Via Castello 15), wo neben der typischen Hausmannskost die Milzschnitten-Suppe und (auf Vorbestellung) die Kalbshaxe, im Ganzen geschmort, mit Spätzle zu empfehlen sind. In Tscherms ist es das Restaurant Miil, in Meran das Relax (Cavourstraße 31) oder das Restaurant Sigmund (Freiheitsstraße 2), in St. Martin in Passeier der Gasthof Lamm (Dorfstraße 36), in Oberbozen am Ritten das Abendrestaurant Park Hotel Holzner (Dorfstraße 18), in Aldein der Zirmerhof. All diese Orte sind für mich stimmige, authentische und qualitätsbewusste Lokale die meist regionale und saisonale Produkte verwenden. Darüber hinaus kenne ich breit verstreut noch viele andere, in die ich gerne und immer wieder einkehre.

Miil
Gampenstraße 1, 39010 Tscherms

Wo ist Ihr persönlicher Kraftplatz?

Im wahrsten Sinne des Wortes die Vinothek Battisti – bei Greti – in Kaltern, wo ich meistens am Abend mit Freunden, Gleichgesinnten und Weinbauern beste Weine aus Südtirol, Italien und darüber hinaus verkosten kann. In kritischer Gesellschaft steht „kreatives Blödeln“ auf der Tagesordnung.

Vinothek Battisti
Goldgasse 7, 39052 Kaltern

Welche Kunstveranstaltungen empfehlen Sie?

Das jährlich stattfindende Festival Transart. Zeitgenössische experimentelle Kunst und Musik wird an ungewöhnlichen Schauplätzen wie Industriehallen und verstreuten Orten geboten. Die im vergangenem Herbst von Roman Signer beeindruckende Kunst-Intervention am Stausee Vernagt im Schnalstal, verbunden mit der einmaligen Naturkulisse, war für mich eine einprägsame Bereicherung. Der See, ein Floß, ein Klavier, der isländische Pianist Víkingur Ólafsson und ein Helikopter bildeten die Grundlage für die spektakuläre und beeindruckende Uraufführung. Als Pendant kann ich für Kinder (und auch Eltern) das internationale Straßenfestival Asphalt Art in Meran empfehlen. Straßenkünstler, Musiker und Akrobaten aus aller Welt sorgen für Unterhaltung mit Inhalt, Spannung und Witz auf Straßen und Plätzen. Auch die regelmäßig stattfindenden literarischen Abende von Literatur Lana (Hofmannplatz 2, Lana) und das Kellertheater in der Meraner Altstadt (Freiheitsstraße 27) sind für die Kulturszene eine Bereicherung.

Transart
Dantestraße 28,39100 Bozen

Wo verbinden sich Kunst und Kaffee?

Wenn ich in Meran verweile, ist es am Samstag das Kunsthaus-Café. Den „macchiato al volo“ hingegen nehme ich in der kleinen aber feinen Cavour-Bar (Via Cavour 41) ein. Im Café Darling (Winterpromenade 9) mit reicher Auswahl an Zeitschriften, genieße ich die Sonne und gekühlt vom leichten Passer-Fluss-Lüftchen erfrische ich mich mit einem Joghurt-Früchte-Eis.

Kunsthaus-Café
Laubengasse 163, 39012 Meran

Südtirol und Wein gehören zusammen. Bei welchem Winzer passen Qualität der Weine und Architektur des Weinguts?

Der Anspruch von Michael Graf Goéss-Enzenberg auf seinem Weingut Manincor in Kaltern ist es, die Potenziale und Besonderheiten dieser Landschaft und ihrer Böden in charaktervolle und anspruchsvolle Weine einfließen zu lassen. Seit 2005 betreibt Manincor biodynamischen Weinbau und zielt auf geschlossene, natürliche Kreisläufe. Der historische Weinhof aus dem Jahr 1608, direkt an der Südtiroler Weinstraße gelegen, wurde 2001 von Architekt Walter Angonese unter Mitwirkung von Architekt Rainer Köberl und Sylvia Boday architektonisch anspruchsvoll und beispielhaft erweitert. Es ist eine topografisch einfühlsame und überwiegend unterirdische Kellereierweiterung. Die Initiative von Walter Angonese war es auch, den Bauherrn Graf Goéss-Enzenberg zu motivieren, Künstler miteinzubinden. So hat Erik Steinbrecher für den Ausgang zum Weinberg eine traditionelle Pergola gebaut, deren Künstlichkeit – sie ist aus Aluminiumguss – erst auf den zweiten Blick erkennbar ist. Am Übergang zwischen alter und neuer Bausubstanz in der Rezeption habe ich eine Wand mit Kupfervitriol besprüht – die sogenannte Bordeauxbrühe –, eine mit Kalkmilch vermischte Kupfersulfat-Lösung, ein traditionelles Mittel gegen Laubbrandbekämpfung und Blattbefall. Das typisch leuchtende Blau ist nicht nur Lokalkolorit aus dem Weinberg, sondern zugleich ein Hinweis auf die Grafen Enzenberg als ehemalige Besitzer des Kupferbergwerks in Prettau und das dort abgebaute Kupfervitriol.

Weingut Manincor
St. Josef am See 4, 39052 Kaltern

Wo würden Sie Freunde und Bekannte unterbringen, die in Ihre Gegend kommen?

In Bozen meistens im Stadthotel Greif, im Zimmer 211, um sie gleichzeitig in ein Gesamtwerk einzutauchen, bei dem Architektur und Farbe, Alltagskultur und Sinnlichkeit der Materialien miteinander verschmelzen. Das Zimmer wird als Ort geschichtlicher Veränderung thematisiert. Musikalisch Talentierte können auf einem Blüthner-Flügel dem Partner mit Mozarts kleiner Nachtmusik verführen oder als Weckruf einen Jazz klimpern. Noch dazu werden die Gäste aufgefordert, auf einem Archivkärtchen eine Farbspur zu hinterlassen. (Lippenstift, Augentusche, Nagellack, Kugelschreiber etc.) Die Beiträge der Gäste stellen somit eine Erweiterung meines Werkes dar. Ein abwechslungsreiches Frühstücksbuffet, knusprig regionale Brotsorten, frischgebackener Kuchen und hausgemachte Marmeladen erleichtern den Einstieg in den Arbeitstag.

Hotel Greif
Waltherplatz, 39100 Bozen

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